Heute ist der Internationale Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Ein ziemlich sperriger Titel – und ein ziemlich ernstes Thema.
Jede Frau macht im Laufe ihres Lebens Erfahrung mit Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts. Seit vor etwas mehr als einem Jahr #metoo ins Leben gerufen wurde, dürfte vielen klar geworden sein, wie viele Frauen Opfer von sexueller Belästigung und sexuellen Übergriffen geworden sind. Jede 4. Frau erlebt in Deutschland im Laufe ihres Lebens Gewalt – und alle 2 Tage wird eine Frau von ihrem aktuellen oder früheren Lebensgefährten getötet.
Wenn diese Fällen in den Medien stattfinden, dann liest und hört man von Ehrenmorden – als wäre Gewalt gegen Frauen ein Problem, das nur Migrant*innen betrifft – oder von Familiendramen. Offensichtlich traurige Einzelfälle – und doch nur die Spitze des Eisberges. Unter anderem deshalb, weil viele Fälle gar nicht erst angezeigt werden. Wenn wir über die bekannten Opferzahlen sprechen, muss uns also klar sein, dass wir auch über eine Dunkelziffer reden, deren Größe wir gar nicht abschätzen können.
Wird über Gewalt gegen Frauen berichtet, geht es häufig darum, was ihnen „passiert ist“. Als gäbe es niemanden, der das verursacht hat, sondern nur jemandem, dem das widerfahren ist. Dass es sich bei den Tätern um Fremde handelt, ist ein Mythos. In den allermeisten Fällen sind es Partner, Freunde oder Kollegen. Menschen denen man eigentlich vertrauen können sollte. Von Männern ausgeübte Gewalt – körperlich, sexualisiert oder verbal – ist strukturell. Es sind keine Einzelfälle. Es ist die Demonstration von vermeintlicher Männlichkeit. Ein Ausdruck eines Machtgefälles, bei dem zuerst gefragt wird, was die Frau falsch gemacht hat. Was hatte sie an? Hat sie die Situation provoziert? Worum hat sie ihn nicht schon längst verlassen? Statt das Phänomen männlicher Gewalt überhaupt zu benennen, wird nach Rechtfertigungen für ihr Verhalten gesucht. Stattdessen ist Victimblaming und „So sind Männer eben“-Verharmlosung an der Tagesordnung.
Warum das so ist? Unter anderem, weil immer noch hauptsächlich Männer und damit männliche Sichtweisen das gesellschaftliche und politische Leben bestimmen. 1997 stimmten 138 Abgeordnete gegen die Strafbarkeit von Vergewaltigung in der Ehe. Ein Teil von ihnen sitzt heute noch im Bundestag. Einer ist Minister – und hält Gewalt gegen Frauen eher für ein „importiertes Problem“.
Wenn das Ziel sein soll, dass Frauen 2018 nicht mehr täglich in Angst leben müssen, brauchen wir allerdings mehr als das Hissen von Flaggen: Wir brauchen eine deutlich bessere Finanzierung und Ausstattung von Frauenhäusern, damit Betroffene dort jederzeit die Hilfe finden, die sie brauchen.
Und wir müssen dringend anfangen über die Täter zu sprechen.
Vor allem müssen wir aber anfangen hinzuschauen, anstatt wegzuschauen. Und Hilfe anbieten oder vermitteln. Eine Möglichkeit dafür ist das Hilfetelefon: Unter 08000 116 016 finden Betroffene nicht nur ein offenes Ohr, sondern auch professionelle Unterstützung. #schweigenbrechen